MPBetreibV bereitet bei Patientengeräten erhebliche Probleme

23.03.2017 00:16 von Rudi Wuttke

Industrieverband SPECTARIS macht Vorschläge zur Lösung

Am 1. Januar 2017 ist die Neufassung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) in Kraft getreten. Sie regelt auch die Betreiberpflichten für den häuslichen Bereich neu. Dort gibt es zahlreiche praktische Umsetzungsprobleme, zu deren Lösung der Industrieverband SPECTARIS kürzlich eine ganze Reihe praktischer Vorschläge unterbreitet hat.   

Nach den neuen Vorschriften müssen nun die Sozialversicherungen wie Krankenkassen, Pflegekassen oder Berufsgenossenschaften, ohne im Sinne der Verordnung Betreiber zu sein, die Betreiberpflichten wahrnehmen, d.h. sie müssen die Aufgaben und die hierfür anfallenden Kosten übernehmen.

Die allermeisten Sozialversicherungen werden viele dieser Pflichten aus vielerlei Gründen wie fehlender eigener fachlicher Kompetenz, fehlender Sachherrschaft und fehlender Weisungsbefugnis nicht selbst wahrnehmen können und wollen. Sie können dann die Möglichkeit nutzen und diese Pflichten an Dritte wie beispielsweise Sanitätshäuser oder Homecare-Provider übertragen (gemäß § 3 Absatz 2 Satz 2 MPBetrV).

Fehlende tatsächliche Sachherrschaft und Weisungsbefugnis sind ganz wesentliche Knackpunkte

Um die Pflichten eines Betreibers wahrnehmen zu können, ist die tatsächliche Sachherrschaft über das Medizinprodukt eine wesentliche Voraussetzung. Ohne diese ist die Realisierung von jeglichen Betreiberpflichten nach Auffassung des Verbandes faktisch unmöglich. Der Betreiber benötigt danach uneingeschränkten Zugang zu dem Medizinprodukt. Überträgt die Krankenkasse/Berufsgenossenschaft die ihr in der Vorschrift zugeordneten Betreiberpflichten an den zur häuslichen Versorgung beauftragten nichtärztlichen Leistungserbringer, kann dieser nach Auslieferung der verordneten Medizinprodukte an den Patienten den Zugang zu diesen Produkten nicht erzwingen. Zudem kann ein Leistungserbringer nicht sicherstellen, dass alle Anwender die erforderlichen Kenntnisse und Einweisungen in den Gebrauch des Medizinproduktes haben. Zwar kann er allen am Therapieprozess Beteiligten – Angehörige, Pflegedienste, Therapeuten – Informationen und ggf. Schulungen anbieten. Oft wird er aber weder deren Namen kennen oder Informationen über deren Ausbildung haben, noch Einblick in die Personalakten von Angestellten der Pflegedienste fordern können.

Konflikte sieht SPECTARIS zudem mit dem Datenschutzrecht und dem Informationsfreiheitsgesetz: Denn die nichtärztlichen Leistungserbringer haben keine Informationsrechte bezüglich der personenbezogenen Daten. Auch sind sie nicht gegenüber pflegenden Angehörigen, professionellen Pflegediensten oder anderen Personen weisungsbefugt.

Ferner moniert der Industrieverband die fehlende Erfahrung der Betreiber bzw. der diesen Gleichgestellten, um den Umfang und die Häufigkeit der Sicherheitstechnischen Kontrollen STK festzulegen, da ihnen die technischen Daten und die statistischen Erfahrungswerte nicht vorliegen. Der Verband verweist in diesem Zusammenhang auch auf mögliche Haftungsfolgen für den Hersteller, wenn dieser als Folge davon das Risiko eines Personen- oder Sachschadens faktisch nicht mehr kontrollieren kann. Wenn zudem eine Übertragung der Haftungsrisiken auf den Betreiber nicht stattfindet, was der Verband befürchtet, könnten Patienten ohne Haftungsansprüche darstehen.
 
Darüber hinaus muss nach Vorstellung von Spectaris in den nächsten Wochen ein ganzer Katalog offener Fragen zusammen mit den Vertretern der Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) diskutiert werden.

Anmerkung
Das Redaktionsteam von Medizintechnikportal.de möchte seine Leserinnen und Leser auf die Positionspapiere des Industrieverbandes Spectaris aufmerksam machen, weil es sie für eine interessante Diskussionsgrundlage hält, auch wenn es nicht alle gemachten Aussagen inhaltlich teilt.

SPECTARIS-Positionspapier
Vorschläge zur praktischen Umsetzung der Medizinprodukte-
Betreiberverordnung (MPBetreibV) für Geräte, die im häuslichen
Bereich eingesetzt werden
http://www.spectaris.de/uploads/tx_ewsartikel/2017_03_02_Positionspapier__MPBetreibV_final.pdf

Tabelle zum SPECTARIS-Positionspapier
Vorschlag zur Umsetzung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung für Geräte, die im häuslichen Bereich eingesetzt werden
http://www.spectaris.de/uploads/tx_ewsartikel/2017_02_24_Tabelle_zum_Positionspapier.pdf



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