Weltweit über 150.000 Medtronic-Implantate betroffen

14.02.2019 20:00 von Rudi Wuttke

Wichtiger Produktrückruf für Zweikammer-Herzschrittmacher

Medtronic hat kürzlich über einen freiwilligen Rückruf und Lieferstopp informiert [1]. Dieser betrifft eine Teilmenge von Medtronic-Zweikammer-Herzschrittmachern mit den Markennamen Adapta, Versa, Sensia, Relia, Attesta, Sphera und Vitatron A, E, G, Q, die weltweit zwischen dem 10. März 2017 und dem 7. Januar 2019 vertrieben wurden.

Dieser Beitrag enthält orientierende Hinweise zu den in der Sicherheitsinformation beschriebenen Sachverhalten und Empfehlungen.

Bei den betroffenen Implantaten kann ein Fehler in einem Schaltkreis auftreten. Dieser Fehler kann die Funktionalität des Gerätes beeinflussen, wenn es auf eine Zweikammerbetriebsart mit atrialer Wahrnehmung programmiert ist und eine besondere Kombination von Ereignissen auftritt, während das Gerät ein atrial wahrgenommenes Ereignis verarbeitet. Tritt dieser Fehler auf, ist das Gerät nicht mehr in der Lage zu stimulieren, bis ein ventrikuläres Ereignis wahrgenommen (VS) wird, worauf dann sofort die normale Stimulationsfunktion wiederhergestellt wird.

Wird kein ventrikuläres Ereignis wahrgenommen, hält das Gerät sowohl atriale als auch ventrikuläre Stimulation zurück. Zusätzlich kann das Gerät dann (bis zur Wahrnehmung eines ventrikulären Ereignisses) keine Verbindung mit einem Programmiergerät oder einem Monitor herstellen bzw. auch nicht auf einen Magneten ansprechen.

Mögliches Ausfallrisiko hängt von Betriebsart und Eigenrhythmus ab

In seiner dringenden Sicherheitsinformation [1] hat Medtronic tabellarisch die Betriebsarten aufgelistet, welche anfällig für den Fehler sein können und welche nicht. Für Patienten, die auf eine „Nicht-anfällige Betriebsart“ programmiert sind, besteht nach Herstellerangaben kein Risiko, dass eine Pause aufgrund dieses Fehlers auftritt.

Die Ursache für diesen Fehler beruht auf einer Designänderung eines integrierten Schaltkreises bei Herzschrittmachern, die zwischen dem 10. März 2017 und dem 7. Januar 2019 vertrieben wurden. Produkte, bei welchen eine Implantation vor dem genannten Termin durchgeführt wurde, können demnach nicht betroffen sein. Ob ein bestimmter Schrittmacher den Fehler aufweist, können Patienten und Ärzte feststellen, indem sie die Seriennummer auf der Performance-Seite des Herstellers eingeben [2].

Bis Anfang 2019 hatte Medtronic Kenntnis von vier Ereignissen bei zwei Patienten, bei denen eine Pause der Stimulation aufgrund des Schaltkreis-Fehlers klinisch ersichtlich war. Diese Ereignisse wurden bei drei von weltweit 156.957 verkauften Geräten gemeldet. Todesfälle als Folge dieses Sachverhalts sind bisher nicht bekannt [1].

Schrittmachertausch ist in Ausnahmefällen nicht ausgeschlossen  

Derzeit entwickelt Medtronic ein Software-Update, das nach seinem Vorliegen voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2019 zur Korrektur auf den betroffenen Geräten installiert werden kann, um diesen Sachverhalt zu korrigieren. Nach der notwendigen behördlichen Genehmigung wird der Hersteller die Kunden über die Verfügbarkeit informieren. Bis zu diesem Zeitpunkt empfiehlt Medtronic den behandelnden Gesundheitseinrichtungen ein Patientenmanagement, das in einem Flussdiagramm einer Anlage zur Sicherheitsinformation übersichtlich dargestellt ist [1]:

• Bei Patienten, deren Gerät auf eine „nicht-anfällige Betriebsart“ programmiert ist (s.o.), ist zum jetzigen Zeitpunkt keine Maßnahme erforderlich.

 • Bei Patienten, deren Gerät auf eine „anfällige Betriebsart“ programmiert ist und die dafür geeignet sind, wird eine vorübergehende Umprogrammierung auf eine geeignete „nicht-anfällige Betriebsart“ empfohlen, um das Risiko aufgrund dieses Sachverhaltes solange zu eliminieren, bis das Software-Update installiert wird.

• Bei Patienten, die eine Umprogrammierung auf eine nicht-anfällige Betriebsart nicht tolerieren und die entweder keinen ventrikulären Ersatzrhythmus haben oder bei denen das Risiko einer symptomatischen Pause bis zu einem ventrikulären Ersatzschlag besteht, soll im Einzelfall entschieden werden, die „anfällige Betriebsart“ fortzuführen oder einen Austausch des Gerätes in Betracht zu ziehen.

• Patienten, deren Gerät in einer anfälligen Betriebsart programmiert ist, ist zu empfehlen, sofort ärztliche Hilfe zu suchen, wenn neue oder unerwartete Symptome auftreten, die auf eine Stimulationspause hinweisen.

Nach Schätzungen der Herstellerfirma Medtronic ist das Mortalitätsrisiko aufgrund dieses Sachverhalts bei Vorliegen einer „anfälligen Betriebsart“ über die Zeit bis zur Verfügbarkeit des Software-Update vergleichbar mit dem Mortalitätsrisiko, welches mit einem Austausch des Herzschrittmachers verbunden wäre.

Wenn eine Gesundheitseinrichtung bisher die betroffenen Herzschrittmacher implantiert hat, sind zwei Maßnahmen umgehend zu ergreifen, falls dies noch nicht erfolgt ist:

• Separierung und Rücksendung der noch nicht verwendeten Produkte.                          
• Information der entsprechenden Abteilungen/Anwender.

[1] Dringende Sicherheitsinformation

Teilmenge von Medtronic Zweikammerherzschrittmachern, Januar 2019, Medtronic Referenz: FA857 https://www.bfarm.de/SharedDocs/Kundeninfos/DE/01/2019/00659-19_kundeninfo_de.pdf?_blob=publicationFile&v=1

[2] CRHF Product Performance Seite eSource von Medtronic             http://wwwp.medtronic.com/productperformance/

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